Droht das Ende des Bargelds durch die Corona-Krise?
Die Deutschen hängen an Scheinen und Münzen. Doch die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus ist groß. Kommt Bargeld in der Krise aus der Mode?

Karl-Josef Hildenbrand
Frankfurt (dpa)
Die meisten Menschen in Deutschland bezahlen Umfragen der
Bundesbank zufolge seit Beginn der Corona-Krise ihren Einkauf wie
gewohnt. Lediglich 25 Prozent von rund 1000 Befragten haben ihr
Zahlungsverhalten geändert.
«Wir können aus der aktuellen Momentaufnahme nur erkennen, dass –
auch wenn es ernst wird, also in der Krise – Bargeld immer noch ein
sehr beliebtes Zahlungsmittel des täglichen Gebrauchs ist», sagte
Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann der dpa. «Unmittelbare
Auswirkungen auf das mittelfristige Bezahlverhalten können wir aus der
momentanen Situation nicht erkennen.»
Die Nachfrage nach Scheinen und Münzen bei der Bundesbank ist
Beermann zufolge nicht geringer geworden. Nach einem Anstieg zu Beginn
der Pandemie hätten sich die Volumina jetzt wieder in etwa auf
Vorjahresniveau eingependelt. Dagegen habe die Bundesbank Erkenntnisse,
«dass im bargeldlosen Bereich, zum Beispiel bei Kreditkarten, die
Zahlungsvolumina deutlich zurückgegangen sind. Das kann auch gar nicht
anders sein, weil viele Geschäfte ja geschlossen sind», sagte Beermann.
Fast alle, die ihr Zahlungsverhalten geändert haben, begleichen
Einkäufe der Umfrage zufolge seltener bar (90 Prozent). 79 Prozent
zahlen häufiger kontaktlos mit der Girocard und 62 Prozent verstärkt mit
PIN oder Unterschrift. Doppelnennungen waren möglich. Als Gründe
nannten diese Befragten hygienische Überlegungen, Infektionsschutz und
Kontaktvermeidung. Ein Viertel der Verbraucher, die ihre Einkäufe
seltener mit Scheinen und Münzen beglichen, führten dies auf
Aufforderungen oder Hinweise in den Geschäften vor Ort zurück. 18
Prozent verwiesen auf allgemeine Hinweise zu Maßnahmen gegen das
Coronavirus.
Beermann betonte, es gebe keine Erkenntnisse, dass Verbraucher
bei der Verwendung von Bargeld einem höheren Ansteckungsrisiko mit dem
neuen Coronavirus ausgesetzt seien.
Nach Angaben der Deutschen Kreditwirtschaft von Ende März nutzen
die Menschen verstärkt die Möglichkeit an der Supermarkt-Kasse, der
Tankstelle oder bei sonstigen Einkäufen kontaktlos zu bezahlen. Mehr als
die Hälfte aller Girocard-Zahlungen wurde demnach zuletzt kontaktlos
durchgeführt wurden. Im Dezember habe dieser Anteil noch bei 35 Prozent
gelegen.
Beim kontaktlosen Bezahlen müssen die Käufer Ihre Plastikkarten
nicht in ein Lesegerät stecken und an dem Terminal eine PIN eingeben,
sondern brauchen die Karte nur an das Terminal halten. Dabei wird
bislang ab einem Betrag von 25 Euro eine PIN-Eingabe notwendig. Die
Deutsche Kreditwirtschaft will das Limit auf 50 Euro pro Nutzung
verdoppeln.
Wie Menschen mit unverändertem Zahlungsverhalten ihre Einkäufe
begleichen, wurde nicht gefragt. Grundsätzlich wird auch in Deutschland
inzwischen häufiger ohne Scheine und Münzen bezahlt. Im Jahr 2018 gaben
sie im stationären Einzelhandel einer Untersuchung des
Handelsforschungsinstituts EHI zufolge erstmals mehr Geld per Giro- und
Kreditkarte aus als in bar. Drei Viertel aller Einkäufe im Handel werden
demnach allerdings weiter bar beglichen.